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Robo-Erfolgsfaktor Kundenvertrauen

© Joachim Löning

Zwei Eckpunkte seien diesem Beitrag zur Entwicklung der Robo Advisor vorangestellt: die verwalteten Vermögen stellen mit ca. 1,5 Mrd. Euro Ende 2017 noch keine ernsthafte Bedrohung für die etablierten Anbieter dar. Jedoch nimmt deren Anzahl schnell zu – von 13 in 2017 auf 25 im Mai 2018.

Prognosen sprechen von einer Verzehnfachung der Assets under Management bis 2020 und vermitteln eine rosige Zukunft (Bain & Company 2017: Asset Management: Erfolgsformel gesucht). Kein Wunder, dass immer mehr Marktteilnehmer ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Theoretisch sollte ein Mehr an Konkurrenz zu erhöhter Kundenorientierung führen. 

Der Weg des Kunden 

Im zweiten Jahr in Folge haben wir die digitalen Vermögensverwalter untersucht. Dabei haben wir uns am Weg des Kunden orientiert. Beginnend mit der Ansprache, also der Informationsaufbereitung zum Ansatz und Produkt, über die Profilierung und dem daraus resultierenden Anlagevorschlag, hin zur Betreuung der Kunden. 

Der Weg des Kunden ist bei Robo-Advisorn naturgemäß ein digitaler. Diese Virtualität in der Kundenbeziehung erfordert hohe Anstregungen hinsichtlich der Gewinnung des Kundenvertrauens. Entlang des als Customer Buying Cycle (CBC) beschriebenen Weg des Kunden gibt es immer wieder Kontaktpunkte, bei denen Vertrauen geschaffen wird. Diese Kontaktpunkte nennen wir Trustpoints. Denn der Kunde stellt sich dort ganz verschiedene Fragen, deren Antworten sein Vertrauen in den Anbieter stärken sollen:
Ist das alles sicher? Wie gut sind die Angebote? Passt der ermittelte Risikotyp überhaupt zu mir? Mit wem kann ich sprechen, wenn es nicht läuft? Wie erfahre ich was die tun? 

Messergebnisse an ausgewählten Trustpoints

Im Rahmen von zwei Studien haben wir empirisch untersucht, wie es um das Angebot und die Kundenorientierung der noch jungen Branche bestellt ist.

Durch die erhobenen Daten an unterschiedlichen Trustpoints konnten wir die Anbieter vergleichen. 

Nachfolgend einige Messergebnisse für die jeweiligen Phasen des CBC. 

Betrachtet man die erste Phase des CBS, die Informationsgewinnung, stellt man fest, dass sich bspw. der Detaillierungsgrad der Beschreibung des Investmentansatz innerhalb eines Jahres deutlich verändert hat. In diesem Jahr haben sich 48% der Robo Advisor umfassend erklärt. 2017 war die umfassende Beschreibung des Investmentansatzes nur bei 31% vorhanden. 

Die Profilierung als nächste Phase des CBC tendiert in eine andere Richtung. Analysierten in 2018 56% der Anbieter das Risikoprofil umfassend, waren es im Vorjahr noch 62%. 

Werfen wir einen Blick auf die nächste Phase, den Anlagevorschlag. Die Stimmigkeit des Anlagevorschlages hat sich deutlich verbessert, sprich der Anteil der zum Profil passenden Anlagevorschläge hat sich von 54% auf 68% verbessert. 

Bei der Betreuung hat sich bspw. das Angebot des Kommunikationsweges Chat von 69% auf 48% verringert. 

Robo ist nicht Robo

Historisch sind die ersten Robos entstanden, um Menschen zu erreichen, die für eine professionelle Anlageberatung bisher nicht in Frage kamen. Die Vermögensverwaltung für den „kleinen Mann“. Das historisch fehlende Angebot für und die vermeintlich unattraktive Zielgruppe schien wenig Wettbewerbsdruck zu versprechen. Neue Ansätze, mit Fokus auf die einfache und verständliche Ansprache und unkomplizierte Prozesse bei der Eröffnung und Betreuung, sollten zur Gewinnung von neuem Geld dienen. Kein Blutvergießen beim Kampf um die dicken Fische, die die meisten Jäger schnappen wollen. 

Dann kamen bestehende Vermögensverwalter in den Markt, die ihr Distributionsnetzwerk mit digitalen Angeboten erweitern wollten. Die Idee dabei war, eine niedrigere Eintrittshürde als bisher zu haben und nicht mehr an die Regionalität gebunden zu sein. Man hat sich auf solche Kunden fokussiert, die aus bestehenden „Bank-Verbindungen“ gelöst werden sollten und bereits Erfahrungen mit der Wertpapieranlage gemacht hatten. Die resultierende Substitution findet in einem hart umkämpften Kundensegment statt, in dem Blutvergießen nicht nur ein Nebeneffekt ist, sondern auch Ziel war.

Von Beratenen und Verlassenen

Aus der differenzierten Zielsetzung der Robo Advisor resultiert auch eine Unterteilung des Marktes in unterschiedliche Zielgruppen. Unterschiedliche Zielgruppen heißt dann auch, unterschiedliche Anforderungen an den Trustpoints. Wir haben drei verschiedene Kundentypen definiert. 

Der „Attraktive“ hat Wertpapiererfahrung, ist nachfragend, sehr vermögend und besitzt bereits eine Vermögensverwaltung oder ein beratenes Depot und wettet gerne auch mal selbst.

Der „Beratene“ hat gewisse Erfahrungen, ist offen, vermögend und besitzt ein beratenes Depot.

Der „Verlassene“ hat wenig Erfahrung, Vorsorgebedarf, ist Sparer und besitzt vielleicht ein Finanzprodukt.

Allen Zielgruppen gemein ist eine gewisse Online-Affinität.

Der weite Weg zur Mitte

Die Erwartungshaltung der Zielgruppen ist teils diametral verschieden und damit wird eine gezielte Ansprache und Positionierung wichtiger. Nun, wir kennen alle den Unterschied zwischen Design und Experience. Bietet man der definierten Zielgruppe eine Lösung an und richtet sich konsequent an den Bedarfen (Verlassene oder Beratene) aus, kommt es manchmal anders als man denkt. Nicht die eine Zielgruppe findet das Angebot gut, sondern die andere.

Genau das ist beispielsweise einigen Anbietern bei der Ausrichtung auf die „Verlassenen“ passiert. Mit dem Angebot wurden weniger die „Verlassenen“, sondern häufiger die „Beratenen“ erreicht. Der aufmerksame Leser wird sich denken, „so what“- dann habe ich die anderen auch gleich mit erschlossen. Eine gefährliche Interpretation, denn meist sind es nur die Ränder der anderen Zielgruppe, die aufspringen und damit nicht zu substanziellem zum Wachstum beitragen. Ehe man sich versieht, ist man in einer „stuck in the middle“-Position. Ein Dilemma entsteht, das häufig unterschätzt wird und weitreichende Konsequenzen haben kann. 

An den meisten Trustpoints unterscheiden sich die Anforderungen der jeweiligen Zielgruppen erheblich voneinander. Wen wird man nun zukünftig bedienen wollen und welcher Weg ist dafür einzuschlagen? Jeder Robo Advisor sollte einen Abgleich seiner gewünschten Zielgruppe mit seiner tatsächlich Kundenstruktur vollziehen und dann entscheiden, auf welche Zielgruppe und damit auf welche Trustpoint-Ausprägung er sich in Zukunft ausrichten möchte. Nur so wird man sich von den Rändern zur Mitte der Zielgruppen bewegen können, um dynamisch zu wachsen.

Erfolgsfaktor Kundenorientierung

Stellen Sie sich die Anforderungen der 3 beschriebenen Zielgruppen für die aufgeführten Beispiele vor: detaillierter Investmentansatz, umfassendes Profiling, Stimmigkeit des Anlagevorschlages und Kommunikationsangebot. Schätzen Sie jetzt ein, welche Zielgruppe welche Erwartung an die genannten Trustpoints hegt. 

Zur Erinnerung, die Messergebnisse: Anstieg beim detaillierten Investmentansatz, Rückgang beim umfassenden Profiling, häufigere Stimmigkeit des Anlagevorschlages und Reduktion des Kommunikationsangebotes. 

Welcher Zielgruppe taugen nun die Veränderungen besser oder schlechter? Bei welcher Zielgruppe wird das Vertrauen gestärkt? 

Wir konnten feststellen, dass sich die Transparenz bei den Robos verbessert hat. Die Trustpoints, vornehmlich der Beratenen, wurden teils intensiv behandelt, bspw. zählt dazu die detaillierte Beschreibung des Investmentkonzeptes. Viele Veränderungen wirken vertrauensfördernd auf diese Zielgruppe. 

Das leichte Zurückfahren der Servicemodelle, die kostenintensiv sind, schreckt die Verlassenen eher ab. Denn gerade hier wird Unterstützung benötigt, insbesondere wenn es an den Märkten turbulent wird und die Erfahrung fehlt. 

Unser Schluss – wir haben natürlich einen Informationsvorsprung und alle Messergebnisse der über 80 Prüfpunkte vorliegen: Die Veränderungen zahlen in den meisten Fällen auf die Zielgruppe der Beratenen ein. Eine verbesserte Ausrichtung auf den Verlassenen ist selten feststellbar und bietet weiterhin großes Potenzial.

Ob die vollzogenen Veränderungen an der steigenden Wettbewerbssituation oder an der Zielgruppenadjustierung liegen, ist schwer zu sagen. Vermutlich steckt in beiden ein gewisser Treiber. 

Spannend bleibt, welche Zielgruppe die höchste Dynamik entfalten wird und ob die Verlassenen auch erreicht werden. Die Kundenorientierung wird für alle Zielgruppen der wesentliche Erfolgsfaktor bleiben.